Pestizide und Pflanzenschutz

Was sind Pestizide und Pflanzenschutzmittel? Welche Anwendungsarten sind erlaubt? Was für Alternativen gibt es?
Interkultureller Garten Juli 21

Auch ohne chemische Pflanzenschutzmittel können beim Obst- und Gemüseanbau gute Erträge erzielt werden

Was sind Pestizide und Pflanzenschutzmittel?

Pflanzenschutzmittel (PSM) werden eingesetzt, um Kulturpflanzen und Ernteprodukte vor Krankheiten und Schädlingen zu schützen oder um konkurrierende Wildpflanzen zu schädigen. Im Allgemeinen sind sie auch als Pestizide bekannt. Zu den Pflanzenschutzmitteln gehören z.B.
 
  • Herbizide zur Unkrautbekämpfung
  • Insektizide zur Schädlingsbekämpfung
  • Fungizide zur Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, insb. Pilzen
  • Weitere Spezialmittel sind Akarizide (gegen Milben), Nematizide (gegen Nematoden), Molluskizide zur Schneckenbekämpfung, Algizide gegen Algen, Rodentizide gegen Nagetiere
Zum Schutz vor Schädlingen, Unkraut, Moosen, Pilzen etc. werden Pflanzenschutzmittel neben einer großflächigen Anwendung in der Landwirtschaft auch von Gärtnereien und Baumschulen, Gewerbebetrieben, Grundstückseigentümern, Hobbygärtnern und den Kommunen eingesetzt.

Nur richtig angewandt erzielen Pflanzenschutzmittel ihre erwünschte Wirkung. Zuviel oder eine falsche Anwendung belastet die Umwelt und Ihre Gesundheit!


Durch Regen werden die Pflanzenschutzmittel von der Pflanzen- oder Bodenoberflächen abgewaschen, ver­sickern im Boden und gelangen so in das Grundwasser. Die unsachgemäße Anwendung von Pflanzenschutzmitteln kann so eine (lokale) Boden- und Grundwasserverunreinigung verursachen.

Von befestigten Flächen werden sie in die Kanalisation oder direkt in unsere Bäche und Flüsse gespült, wo sie Gewässerorganismen und ganze Ökosysteme schädigen. Es wird mitunter also nicht nur die Zielart geschädigt, sondern auch auf andere Tier- und Pflanzenarten hat das angewendete Pflanzenschutzmittel einen negativen Effekt, insbesondere wenn es durch eine unsachgemäße Anwendung in Gewässer gelangt.

Da die Pflanzenschutzmittel auf ihrem Weg in die Gewässer, selbst beim Durch­laufen der Kläranlagen, biologisch nicht oder kaum abgebaut werden, stellen sie eine perma­nente Gefahr für unsere Umwelt, unser Trinkwasser und unsere Gesundheit dar.
Welche Pflanzenschutzmittel erlaubt sind, von wem, wo und wie sie ausgebracht werden dürfen, wird durch das Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz) sowie einer Reihe von Verordnungen und Durchführungsbestimmungen geregelt.

Die für Pflanzenschutz sowie für Kontrollen und Ahndungen nach dem Pflanzenschutzgesetz in Hessen zuständige Behörde ist der Pflanzenschutzdienst des Regierungspräsidiums Gießen. Kontaktinformationen sowie weitere Informationen über Pflanzenschutz finden Sie auf der Website des Pflanzenschutzdienstes.
Zwar bedarf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Haus- und Kleingarten keiner besonderen Sachkunde, und die Mittel gibt es auch in jeder Gärtnerei und Baumarkt zu kaufen. Gerade deshalb sollte man sich aber klarmachen, dass es sich um Umweltgifte handelt.

Zuerst sollte man nicht-chemische Methoden zur Bekämpung von Unkraut und Schädlingen anwenden, nach den Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes:
Dabei handelt es sich um "eine Kombination von Verfahren, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung biologischer, biotechnischer, pflanzenzüchterischer sowie anbau- und kulturtechnischer Maßnahmen die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird". (§2 Abs. 2 PflSchG)

Erst wenn die nicht-chemischen Maßnahmen keinen Erfolg bringen, kann man zu Pflanzenschutzmitteln greifen. Doch Vorsicht! Um sich selbst, Boden und Grundwasser nicht zu schädigen, sollten unbedingt einige Regeln beachtet werden.

Regeln zur Anwendung:
  • Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Haus- und Kleingarten ist nur dann erlaubt, wenn das Produkt die entsprechende Zulassung zur Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich aufweist. Von Privatpersonen dürfen nur Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die mit dem Hinweis „Anwendung durch nichtberufliche Anwender zulässig“ gekennzeichnet sind.
  • Lassen sie sich vor dem Kauf unbedingt von geschultem und fachkundigem Personal ausführlich beraten.
  • Die auf der Packung angegebenen Anwendungsbestimmungen wie zum Beispiel zur richtigen Dosierung sowie die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen bei der Anwendung sind unbedingt zu beachten. Auch dürfen Pflanzenschutzmittel ausschließlich für die in der Gebrauchsanleitung beschriebenen Kulturen und Schädlinge eingesetzt werden. Beispielsweise ist es nicht erlaubt, ein Pflanzenschutzmittel, das gegen Blattläuse in Kirschbäumen zugelassen ist, in einer Apfelbaumkultur zu verwenden.
  • Denken Sie daran, dass Sie und Ihre Familie das Gemüse, das Sie behandeln später auch essen wollen. Nur die sachgerechte Anwendung gewährleistet, dass sie keine langfristigen gesundheitlichen Schäden davontragen.
  • Eine Reinigung der verwendeten Spritzgeräte nach der Anwendung darf nur auf der zuvor behandelten Fläche erfolgen.
  • Restmengen gehören weder in das Waschbecken noch in die Toilette, sondern in den Sondermüll.

Regeln zum Anwendungsort:
  • Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf versie­gelten Flächen wie Garagenauffahrten, Terrassen, Plattenwegen und Parkplätzen ist laut dem Pflanzenschutzgesetz verboten. Hier ist das Risiko besonders hoch, dass die Stoffe direkt in die Kanalisation gelangen.
  • Auch die Anwendung auf sonstigen Freilandflächen, die weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden ist verboten.
  • Ebenso verboten ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in oder unmittelbar an oberirdischen Gewässern.
  • Halten Sie einen ausreichenden Abstand zur Grenze des Nachbargrundstücks ein, denn kein Grundstückseigentümer muss einen Chemikalieneintrag auf seinem Grundstück dulden, der beispielsweise durch ungünstige Witterungsverhältnisse (Wind, Regenabfluss) oder mangelnde Sorgfalt beim Ausbringen verursacht wird.
Mobiler Garten Umweltzentrum

Biologisch bewirtschaftete Hochbeete im Umweltzentrum Hanau

Insbesondere für HobbygärtnerInnen und HauseigentümerInnen gibt es eine Vielzahl von mechanischen und biologischen, also umweltfreundlichen Alternativen zur Unkraut- und zur Schädlingsbekämpfung.


Mechanische Verfahren

Fugen auf gepflasterten Flächen können mit Fugenkratzern, Stahlbürsten, Hochdruckreinigern, Abflammgeräten sowie durch Verbrühen mit heißem Wasser von Unkraut befreit werden.

Im Beet kann die Verbreitung von Unkraut zum Beispiel durch ein regelmäßiges lockern der oberen Bodenschicht mit Hacken oder Grubbern verhindert werden.

Schädlinge können durch das Anbringen von Netzen, Vliesen und Zäunen (z.B. Schneckenzaun) von Pflanzen fern gehalten werden. Besteht bereits ein Befall, können die Schädlinge per Hand von der betroffenen Pflanze abgesammelt werden. Um bei Obstbäumen einen Schädlingsbefall vorzubeugen, sollte das Fallobst, welches Schädlinge anzieht aufgesammelt werden.

Anlegen von Mischkulturen

Der Anbau der gewünschten Nutzpflanze, die einen bestimmten Schädling anzieht, kann mit dem Anbau einer anderen Pflanze, die diesen Schädling abwehrt kombiniert werden. Als Faustregel gilt - kein benachbarter Anbau von Pflanzen die die gleichen Schädlinge anziehen:
 
  • Meerrettich zwischen Kartoffelpflanzen schreckt den Kartoffelkäfer ab
  • Sellerie zwischen Kohlpflanzen vermeidet Raupenbefall
  • Lavendel zwischen den Rosen vertreibt Ameisen
  • Kerbel zwischen den Salat gepflanzt hilft bei Läusen
Heißwasser-Reinigungsmaschine im Einsatz gegen Unkraut

Heißwasser-Reinigungsmaschine im Einsatz gegen Unkraut

Seit 2018 verzichtet die Stadt Hanau auf den Einsatz von Glyphosat zur Unkrautentfernung. Seitdem wird mit verschiedenen chemiefreien Alternativen gearbeitet.

Unkraut wird nun durch mechanische Reinigung entfernt, oder durch den Einsatz einer Heißwasser-Reinigungsmaschine. Diese zerstört mit hohen Temperaturen bis zu 150 Grad die Zellstruktur einer Pflanze so weit, dass diese keine Kraft mehr hat sich zu regenerieren und daraufhin abstirbt.

Von allen Methoden, die zur Unkrautentfernung angewendet werden können, ist Heißwasser zudem die einzige chemiefreie Methode, die auch die Wurzeln der Pflanze nach mehrmaliger Anwendung in einem Arbeitsgang erreichen kann. Selbst wenn die Wurzeln nicht sofort komplett zerstört werden, werden sie mit jeder Heißwasseranwendung weiter geschwächt und sterben letztendlich ab.