Klein-Auheim
Klein-Auheim hat eine Einwohnerzahl von 7.462 und ist im Umland berühmt für seinen großflächigen Wildpark „Alte Fasanerie“ mit über 350 Tieren, welcher 1710 vom Kurfürsten Franz von Schönborn angelegt wurde. Im Zuge der Gebietsreform von 1974 wurde Klein-Auheim zu Hanau eingegliedert. Der Stadtteil liegt etwa 4km südlich der Innenstadt von Hanau und grenzt an Steinheim, Großauheim und Hainburg.
Auheim wird in einem Dokument des Kloster Lorsch im Jahr 806 erstmals urkundlich erwähnt. Dabei weist die Endung „-heim“ auf eine fränkische Gründung hin, wie es ebenfalls bei dem Ortsteil Steinheim der Fall ist.
Auheim hieß ursprünglich Ewichheim nach einem Mann namens Ewich, der auf beiden Mainseiten Besitzungen in Form von Wehrdörfern hatte. Somit gehörten Großauheim und Klein-Auheim ursprünglich zusammen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich auf der linken Mainseite die „Auheimer Mark“, ein größeres Gebiet, auf dem freie Bauern siedelten, die Herren ihres Besitzes waren und daneben Wald, Wasser und Weide, die so genannten Almende gemeinsam nutzten. Den benachbarten Steinheimern fiel damals die Rolle der Ausmärker zu, die weniger Entfaltungsspielraum hatten und froh waren, wenn die Märker ihnen die Nutzung von Wald und Weide genehmigten. Interessanterweise gab es in Klein-Auheim im Gegensatz zu Steinheim trotz der unmittelbaren Mainnähe keine Fischerzunft.
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war Klein-Auheim eine eher kleine und wirtschaftlich unbedeutende Siedlung gewesen. Zudem lag Klein-Auheim völlig abseits der damals wichtigen Straßenverbindung Seligenstadt-Steinheim.
Ein erster bedeutender wirtschaftlicher Aufschwung ist mit dem Aufkommen der Tabakindustrie, die sowohl in der Fabrik als auch in Heimarbeit betrieben wurde, zu verzeichnen. Hinzu kam die Herstellung von Zigarrenkistchen und eine aufkommende Druckindustrie, die am Anfang die notwendigen Banderolen und Etiketten für die Tabakerzeugnisse herstellte. 1905 wurde die überregional bedeutsame Firma Gummi-Peter gegründet, 1914 kamen die Bauer-Werke und 1921 die Großdruckerei Illert hinzu. Einen weiteren wirtschaftlichen Schub in Richtung einer aufstrebenden Industriegemeinde erlebte Klein-Auheim durch den Zuzug von Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg, den Klein-Auheim im Gegensatz zur Stadt Hanau fast unbeschadet überstanden hatte.
Eine besondere Sehenswürdigkeit stellt der im Jahr 1967 eröffnete Wildpark Alte Fasanerie dar, der mit einer Fläche von 107 Hektar einer der größten in Hessen ist. Sowohl heimische als auch fremde Tierarten können dort von den interessierten Besuchern besichtigt werden. Mit dem Hessischen Forstmuseum ist der Komplex Fasanerie zusätzlich attraktiv. Auch sonst bietet Klein-Auheim mit seiner unmittelbaren Nähe zum Main und seinem zum Teil ländlichen Charakter dem Besucher einen interessanten Bezugspunkt.
Zur Geschichte Klein-Auheims
Ersterwähnungsurkunde vom 30. März 806
Von der gemeinsamen Siedlung zu zwei Dorfgemeinden Die schriftliche Überlieferung zu Auheim beginnt mit einer Urkunde vom 30. März 806, als eine reiche fränkische Adlige dem Kloster Lorsch sechs Höfe mit 40 hörigen Bauern in drei Ortschaften, darunter auch Auheim („Ewicheim“), übereignete.
Doch weisen eine Reihe von weit älteren Funden in der Gemarkung darauf hin, dass schon in vorgeschichtlicher Zeit hier Menschen lebten.
Die kontinuierliche Besiedelung Auheims erfolgte aber erst nach 500, als die Franken ihren Machtbereich am Main entlang nach Osten ausdehnten. Dabei gründete vermutlich ein „Ewic“ mit seinem Gefolge beiderseits des Flusses eine Siedlung, der er seinen Namen gab. Die Anlage des Doppelortes war vielleicht Teil eines strategischen Konzeptes, das beide Flussufer und damit auch den Mainübergang bei Steinheim sichern sollte.
Über „Eweheim“ (850) und „Oweheim“ (1062) wurde dann erstmals in einer Urkunde von 1270 die uns vertraute Bezeichnung „Auheim“ benutzt und zwischen den beiden Auheims unterschieden. Darin spiegelt sich möglicherweise die lange Prozess der Ausbildung zweier Gemeinden aus ursprünglich einer Ansiedlung beiderseits des Mains.
Diese Entwicklung dürfte durch Veränderungen in der mittelalterlichen Landwirtschaft verursacht worden sein. Bis ins Hochmittelalter hatten Adel, Klerus und Königtum ihre Ländereien selbst oder durch ihre Verwalter bewirtschaftetet. Seither wurden sie zunehmend verpachtet. Nun konnten die Bauern gegen die Leistung von Abgaben und Frondiensten ihre Höfe selbst bewirtschaften. Dadurch lockerten sich auch die Bindungen der Ortsbewohner zu ihren jeweiligen Grundherren, die bisher den Feldbau auf ihren Gütern und die Angelegenheiten ihrer Hörigen („familia“) organisiert hatten. An ihre Stelle traten die Dorfgemeinschaften. Sie mussten fortan die Regelungen für das Zusammenleben in den Orten sowie die kollektiven Aufgaben und die Absprachen zur Durchführung von Ackerbau und Viehzucht selbst treffen, deren Bedingungen über Jahrhunderte hinweg das Leben bestimmten. Denn bis weit ins 19. Jahrhundert hinein bildete die Landwirtschaft die Lebensgrundlage für die weitaus meisten Klein-Auheimer.
Somit hatte die Trennung Auheims in zwei Gemeinden sicherlich zu einem großen Teil arbeitstechnische Gründe, die man auf seiner jeweiligen Seite des Flusses leichter bewältigen konnte als in einem durch den Main getrennten gemeinsamen Verbund. Folglich unterschied man deshalb seit dem Spätmittelalter die beiden Dörfer. Die Benennung „Clein Awheim“ ist ab 1532 üblich.
Ausschnitt der Karte „Riss über die Bieger Mark, gemeinschaftlich zwischen Mainz, Hanau und Schönborn, gelegen im kurmainzischen Oberamt Steinheim
Klein-Auheim war über das gesamte Mittelalter hinweg und sogar darüber hinaus mehrfach ein Objekt von Schenkungen und Verpfändungen. Davon waren entweder einzelne Höfe im Dorf, die den Besitzer wechselten, als auch die ganze Ansiedlung betroffen. Die letzte Schenkung erfolgte 1632, während des Dreißigjährigen Krieges. Sie blieb aber nur eine kurzzeitige Episode. Einschneidender und dauerhafter hingegen war der Verkauf des Amtes Steinheim, zu dem auch das Dorf Klein-Auheim gehörte, durch die Herren von Hainhausen-Eppstein an das Kurfürstentum Mainz im Jahre 1425. Diese geistliche Landesherrschaft sollte bis 1802 andauern.
Ausschnitt der Karte „Riss über die Bieger Mark, gemeinschaftlich zwischen Mainz, Hanau und Schönborn, gelegen im kurmainzischen Oberamt Steinheim“ – nordöstlicher Teil mit Steinheim. Diese Abbildungen vermitteln einen bescheidenen Eindruck von der Beschaffenheit des Ortes vor der Katastrophe des Großen Krieges. Sie zeigen übereinstimmend eine kleinere Ansiedlung mit einer alles überragenden Kirche, die Dorflinde und den Dorfzaun, auch Etter oder Hag genannt.
Kirchliche Herrschaft war im Allgemeinen leichter zu tragen als weltliche, und die hörigen Bauern wurden in aller Regel seltener zu Frondiensten herangezogen. Nicht umsonst kursierte deshalb im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Spruch: „Unter dem Krummstab lässt sich’s gut leben.“
So lebten die Klein-Auheimer in ihrer Dorfgemeinde zumeist unbehelligt von der Obrigkeit und die Gemeindsleute, d.h. die Hofbesitzer regelten ihre Obliegenheiten weitgehend selbst. Sie wählten sich ihren Schultheißen, entschieden gemeinschaftlich über die kommunalen Angelegenheiten und leisteten zusammen die notwendigen Arbeiten in Dorf und Flur.
Die Gemeinde und die in ihrem Auftrag handelnden Funktionsträger, Schultheiß und Geschworene, kümmerten sich um die Gemeindegüter, Häuser, Schule und gemeinschaftlich-gewerbliche Einrichtungen wie das Backhaus, die Brunnen, die Schmiede und das Wirtshaus. Und die Repräsentanten der Gemeinde mussten auch – trotz „milder“ geistlicher Herrschaft – die Ansprüche der Obrigkeit und der Kirche befriedigen und ihre Anordnungen ausführen.
Im Bedarfsfalle verlangten die Mainzer Kurfürsten jedoch mehr als nur Gehorsam oder Natural- und Geldabgaben, wie die Ableistung des Wehrdienstes in der Landmiliz oder zusätzlichen Frondienst. Außerdem griffen die Landesherren zunehmend mit neuen Verordnungen und Bestimmungen in das örtliche Geschehen ein. Das 1755 erlassene Mainzer Landrecht mit zahlreichen Verfügungen und Vorschriften ist hierfür ein Beleg.
Ein ganz massiver Eingriff war die Anlegung der Fasanerie um 1700. Hierfür zog man nicht nur die Bauern zur Fronarbeit heran, sondern setzte sich auch über die Rechte der Märker der Auheimer Mark hinweg.
Dieses Gebiet, zwischen den Dörfern Froschhausen, Hainstadt, Weiskirchen, Klein-Krotzenburg und Klein-Auheim, hatten die Hofstellenbesitzer dieser Dörfer seit dem Spätmittelalter gemeinsam verwaltet, um die Nutzung der Wiesen und des Waldes zu kontrollieren und eine Überbeanspruchung zu vermeiden.
Mit der Anlage der Fasanerie schnitt der Landesherr Lothar Franz von Schönborn (1695-1729) ein großes Stück aus der Auheimer Mark heraus und setzte altes Herkommen außer Kraft, um sich entsprechend dem Zeitgeschmack des Barock eine Zucht edler Vögel anzulegen. Zwar erhielten die Bauern für ihren Verlust einen Ausgleich, doch gefragt hatte sie zuvor niemand.
Die Fasanerie erlebte danach eine wechselvolle Geschichte. Heute präsentiert sich der Wildpark „Alte Fasanerie“ mit seinen über 40 Tierarten in naturnahen Gehegen als eines der attraktivsten Ausflugsziele in Hanau.
Die Auheimer Mark hatte ungefähr 500 Jahre Bestand und wurde 1786 entsprechend der Anzahl der Hofstellenbesitzer unter den fünf Gemeinden sowie der Stadt Steinheim aufgeteilt.
Kriege und andere Katastrophen
Das nachhaltigste Ereignis, das bis zur Industrialisierung die Dorfentwicklung beeinflusst hatte, war aber der Dreißigjährige Krieg (1618-1648). Die Kriege danach, wie etwa der Österreichische Erbfolgekrieg (1740-1748) und der Siebenjährige Krieg (1756-1763), haben wiederum Not und Elend ins Dorf getragen, doch diese Konflikte erwiesen sich nicht als annähernd so gravierend wie die Auswirkungen des Großen Krieges.
Das Kurfürstentum Mainz gehörte zu den Territorien, denen während dieses Krieges am heftigsten zugesetzt wurde. Seine Besitzungen am Main waren beliebte Durchzugs-, Aufenthalts- und Plünderungsgebiete für die verschiedenen Söldnerheere. Zeitweise lagerten Truppen beider Kriegsparteien zeitgleich am Untermain.
Mehrfach breiteten sich Epidemien aus, die unter der ausgezehrten Zivilbevölkerung reiche Ernte hielten. Dazu kamen noch Plünderungen, Mord und vielerlei Schändungen. Zu Beginn des Großen Krieges lebten noch gut 200 Menschen in Klein-Auheim. Nach einem Bericht des Steinheimer Oberamtmannes Hans Georg von Ingelheim waren es im April 1638 nur noch 20 Menschen. Daraus lässt sich allerdings nicht schließen, dass mehr als 90 Prozent der Klein-Auheimer in diesem Krieg umgekommen wären. Dennoch dürften es mehr als die Hälfte der Dorfbewohner gewesen sein, die ihm zum Opfer gefallen sind. Andere hatten sich in feste Städte oder in abgelegene Gebiete geflüchtet, um ihre Haut zu retten.
In den anderen Orten des Amtes sah es ähnlich aus. Zum Wiederaufbau des Landes bedurfte es 1648 eines Anstoßes durch den Landesherrn, um die geplünderten und menschenleeren Gegenden des Erzstifts Mainz wieder zu besiedeln. Kurfürst Johann Philipp von Schönborn (1647-1673) erließ noch vor dem endgültigen Friedensschluss ein „Befehlsschreiben“, worin er Einwanderungswilligen eine Reihe von Anreizen bot. Diese Offerte zeigte bald Erfolge und so ließen sich zwischen Steinheim und Seligenstadt viele Immigranten nieder. Sie kamen insbesondere aus der Rhön, dem Eichsfeld und aus der Gegend um Lüttich, um am Main eine neue Lebensgrundlage zu finden. Und sicherlich kamen zuvor Geflüchtete nach Friedensschluss in ihre Dörfer zurück und vielleicht zog auch der eine oder andere nachgeborene Sohn aus der Umgebung oder aus einem Mittelgebirge, wo schlechtere Böden weniger Lebensqualität erwarten ließen, an den Untermain, um brachliegendes aber relativ fruchtbares Land zu bewirtschaften.
So waren bis 1681 in Klein-Auheim wieder 27 Herdstellen besetzt, darauf lebten 26 Männer, 27 Frauen, 36 Söhne und 45 Töchter, insgesamt also 134 Menschen. Das Verschwinden vieler alter Familiennamen und das Auftreten neuer ist ein deutliches Indiz dafür, dass es nach 1648 zu einer teilweisen Neubesiedlung Klein-Auheims kam. Mit den alten Familiennamen verschwand auch die Kunst des Weinanbaus, der nach 1648 nicht wiederbelebt wurde.
Zu den nicht von Menschen verursachten Katastrophen zählen die Unbilden des Wetters. Strenge und lange Winter, kühle und zu feuchte Sommer waren in der Zeit von 1550 bis 1700 („Kleine Eiszeit“) häufiger als heute und minderten den Ernteertrag. Dazu gesellte sich in ungünstigen Perioden noch Hagelschlag oder Überschwemmungen, die Ernten, Höfe und Menschen bedrohten. Nach schlimmen Überflutungen im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit trat der Main 1784 wieder mächtig über die Ufer. Das Gleiche ereignete sich 1845, 1860/61, 1876 und 1882/83, sodass Klein-Auheim mehrfach unter Wasser stand und die Verbindung nach Steinheim oft nur mittels Kähnen aufrechterhalten werden konnte.
Durch den Bau eines Schutzdamms (1887/88) und die Kanalisierung des Mains scheint die Hochwassergefahr bis heute weitgehend gebannt zu sein, wenn sich der Main auch nicht vollständig bändigen lässt. So verursachten Überschwemmungen zu Jahresbeginn 1970 in Kellern, an Sportanlagen und bei Gummi-Peter einige Schäden.
Verheerende Brände hatten den Ort über viele Generationen hinweg verschont. Jedoch sollte sorgloser kindlicher Umgang mit Feuer verbunden mit mangelhafter Aufsicht der Eltern am Nachmittag des 10. August 1887 zu folgenschwerer Vernichtung führen, der zahlreiche Gebäude des Ortes zum Opfer fielen.
Vom Bauerndorf zum Industrieort
Parallel zu den politischen Veränderungen vollzog sich auch innerhalb Klein-Auheims seit etwa der Mitte der 19. Jahrhunderts ein gravierender Wandel. Insbesondere der Fleiß und die Flexibilität der Klein-Auheimer, geboren und gefördert durch die bestehende Not aufgrund geringen (Land-)Besitzes, existierender Überbevölkerung und anhaltenden Kinderreichtums, begünstigten Klein-Auheims Aufbruch zur Industriegemeinde.
Dies geschah zunächst durch die Aufnahme von Beschäftigungsverhältnissen in Steinbrüchen, Ziegeleien und Tabakfabriken in der Umgebung oder in kleineren Unternehmen, die der Lederwarenindustrie in Offenbach oder den Edelmetall- und Edelsteinfirmen in Hanau zuarbeiteten.
Mancher Wagemutige, der für sich und seine Familie keine andere Zukunftsperspektive sah, fasste einen couragierten Entschluss: Er entschied sich für die Auswanderung nach Amerika. Trotzdem wuchs die Einwohnerzahl Klein-Auheim ständig an: zwischen 1834 und 1925 stieg sie um mehr als das Viereinhalbfache (455 %).
Blick in die Reifenproduktionshalle von Gummi-Peter um 1935
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wandelte Klein-Auheim allmählich sein Antlitz. Begünstigt durch den Eisenbahnanschluss ließen sich die ersten Manufakturen hier nieder. Und 1906 folgte mit der Gründung der „Hessischen Gummiwarenfabrik Fritz Peter“ Klein-Auheims Aufbruch zum Industrieort.
Neben „der Gummi“ sind noch zwei weitere traditionsreichen Unternehmen zu nennen, die stellvertretend für den Aufstieg Klein-Auheims vom Bauern- und Tagelöhnerdorf zu einem bedeutenden Industrieort im Rhein-Main-Gebiet stehen: die „Fahrrad- und Metallwerke L. Bauer & Co.“ und die „Druckerei Gebrüder Illert“.
Trotz ihrer Tätigkeit als Industriearbeiter/innen blieb die Identität vieler Klein-Auheimer zweigeteilt, da sie sich nach Feierabend noch als Kleinlandwirt betätigten, während die Ehefrau das Vieh im Stall versorgte.
Nach Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg, der 267 Klein-Auheimer Soldaten, 22 Klein-Auheimer Juden und einem im KZ Dachau inhaftierten Kommunisten das Leben kostete, partizipierte der Industrieort kräftig am „Wirtschaftswunder“. Im Jahre 1957 beschäftigten die örtlichen Industrie- und Gewerbebetriebe 2481 Arbeitnehmer aus 91 Gemeinden! 1962 waren es bereits über 2700 in 113 Firmen, davon kamen über 1500 Menschen von außerhalb, um sich in Klein-Auheim ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
In wirtschaftlicher Hinsicht entsprach Klein-Auheim damals noch dem Typus einer Gemeinde mit der Doppelfunktion als Industriestandort und Arbeiterwohnsitzgemeinde. Doch bereits sechs Jahre vor der Eingemeindung nach Hanau läutete 1968 der Niedergang der traditionsreichen Bauer-Werke das Ende des Industrieortes Klein-Auheim ein. Mit der Schließung der Gummi-Werke (1994) und der Graphischen Betriebe Illert (1999) fand dieser Prozess seinen vorläufigen Abschluss.
Seither erlebt Klein-Auheim seine dritte Häutung. Nach der teilweisen Neubesiedlung des Ortes infolge des Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert und der Wandlung vom Bauerndorf zum Industrieort vor rund 100 Jahren folgte in den letzten Jahrzehnten Klein-Auheims Metamorphose zu einer Arbeitnehmerwohnsitzgemeinde ergänzt durch Kleingewerbe und Dienstleistungsbetriebe.
Am deutlichsten wird dieser Wandlungsprozess der Gemeinde, wenn man sich die wechselnde Nutzung der Grundstücke ansieht, auf denen einstmals Arbeiter in Fabriken Erzeugnisse herstellten, die weltweit ihre Käufer fanden. Nach der Gründung des Ortes dienten diese Flächen vielen Generationen von Bauernfamilien als Ackerland, Wiesen oder Hofreiten, danach standen hier mit der Drahtfabrik, den Gummi-Werken, der Druckerei Illert, den Bauer-Werken oder anderen Firmen ehedem weithin bekannte Unternehmen, die begehrte Produkte herstellten. Heute erheben sich an gleicher Stelle Einkaufsmärkte oder Wohnanlagen für Arbeitnehmer, die zumeist von Klein-Auheim aus zu ihren Arbeitsplätzen in anderen Orten pendeln. Lediglich ein Teil des ehemaligen Illertschen Werksgeländes dient heute noch als Druckerei.
Einen umfassenden Einblick in die Geschichte Klein-Auheims vermittelt die anlässlich des Jubiläums erschienene neue Ortschronik von Klein-Auheim: Die Einwohner daselben arbeiten sehr fleißig
Der Autor Erhard Bus hat auf 536 Seiten die Geschichte von Klein-Auheim detailliert beschrieben.
Auheim hieß ursprünglich Ewichheim nach einem Mann namens Ewich, der auf beiden Mainseiten Besitzungen in Form von Wehrdörfern hatte. Somit gehörten Großauheim und Klein-Auheim ursprünglich zusammen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich auf der linken Mainseite die „Auheimer Mark“, ein größeres Gebiet, auf dem freie Bauern siedelten, die Herren ihres Besitzes waren und daneben Wald, Wasser und Weide, die so genannten Almende gemeinsam nutzten. Den benachbarten Steinheimern fiel damals die Rolle der Ausmärker zu, die weniger Entfaltungsspielraum hatten und froh waren, wenn die Märker ihnen die Nutzung von Wald und Weide genehmigten. Interessanterweise gab es in Klein-Auheim im Gegensatz zu Steinheim trotz der unmittelbaren Mainnähe keine Fischerzunft.
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war Klein-Auheim eine eher kleine und wirtschaftlich unbedeutende Siedlung gewesen. Zudem lag Klein-Auheim völlig abseits der damals wichtigen Straßenverbindung Seligenstadt-Steinheim.
Ein erster bedeutender wirtschaftlicher Aufschwung ist mit dem Aufkommen der Tabakindustrie, die sowohl in der Fabrik als auch in Heimarbeit betrieben wurde, zu verzeichnen. Hinzu kam die Herstellung von Zigarrenkistchen und eine aufkommende Druckindustrie, die am Anfang die notwendigen Banderolen und Etiketten für die Tabakerzeugnisse herstellte. 1905 wurde die überregional bedeutsame Firma Gummi-Peter gegründet, 1914 kamen die Bauer-Werke und 1921 die Großdruckerei Illert hinzu. Einen weiteren wirtschaftlichen Schub in Richtung einer aufstrebenden Industriegemeinde erlebte Klein-Auheim durch den Zuzug von Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg, den Klein-Auheim im Gegensatz zur Stadt Hanau fast unbeschadet überstanden hatte.
Eine besondere Sehenswürdigkeit stellt der im Jahr 1967 eröffnete Wildpark Alte Fasanerie dar, der mit einer Fläche von 107 Hektar einer der größten in Hessen ist. Sowohl heimische als auch fremde Tierarten können dort von den interessierten Besuchern besichtigt werden. Mit dem Hessischen Forstmuseum ist der Komplex Fasanerie zusätzlich attraktiv. Auch sonst bietet Klein-Auheim mit seiner unmittelbaren Nähe zum Main und seinem zum Teil ländlichen Charakter dem Besucher einen interessanten Bezugspunkt.
Zur Geschichte Klein-Auheims
Ersterwähnungsurkunde vom 30. März 806
Von der gemeinsamen Siedlung zu zwei Dorfgemeinden Die schriftliche Überlieferung zu Auheim beginnt mit einer Urkunde vom 30. März 806, als eine reiche fränkische Adlige dem Kloster Lorsch sechs Höfe mit 40 hörigen Bauern in drei Ortschaften, darunter auch Auheim („Ewicheim“), übereignete.
Doch weisen eine Reihe von weit älteren Funden in der Gemarkung darauf hin, dass schon in vorgeschichtlicher Zeit hier Menschen lebten.
Die kontinuierliche Besiedelung Auheims erfolgte aber erst nach 500, als die Franken ihren Machtbereich am Main entlang nach Osten ausdehnten. Dabei gründete vermutlich ein „Ewic“ mit seinem Gefolge beiderseits des Flusses eine Siedlung, der er seinen Namen gab. Die Anlage des Doppelortes war vielleicht Teil eines strategischen Konzeptes, das beide Flussufer und damit auch den Mainübergang bei Steinheim sichern sollte.
Über „Eweheim“ (850) und „Oweheim“ (1062) wurde dann erstmals in einer Urkunde von 1270 die uns vertraute Bezeichnung „Auheim“ benutzt und zwischen den beiden Auheims unterschieden. Darin spiegelt sich möglicherweise die lange Prozess der Ausbildung zweier Gemeinden aus ursprünglich einer Ansiedlung beiderseits des Mains.
Diese Entwicklung dürfte durch Veränderungen in der mittelalterlichen Landwirtschaft verursacht worden sein. Bis ins Hochmittelalter hatten Adel, Klerus und Königtum ihre Ländereien selbst oder durch ihre Verwalter bewirtschaftetet. Seither wurden sie zunehmend verpachtet. Nun konnten die Bauern gegen die Leistung von Abgaben und Frondiensten ihre Höfe selbst bewirtschaften. Dadurch lockerten sich auch die Bindungen der Ortsbewohner zu ihren jeweiligen Grundherren, die bisher den Feldbau auf ihren Gütern und die Angelegenheiten ihrer Hörigen („familia“) organisiert hatten. An ihre Stelle traten die Dorfgemeinschaften. Sie mussten fortan die Regelungen für das Zusammenleben in den Orten sowie die kollektiven Aufgaben und die Absprachen zur Durchführung von Ackerbau und Viehzucht selbst treffen, deren Bedingungen über Jahrhunderte hinweg das Leben bestimmten. Denn bis weit ins 19. Jahrhundert hinein bildete die Landwirtschaft die Lebensgrundlage für die weitaus meisten Klein-Auheimer.
Somit hatte die Trennung Auheims in zwei Gemeinden sicherlich zu einem großen Teil arbeitstechnische Gründe, die man auf seiner jeweiligen Seite des Flusses leichter bewältigen konnte als in einem durch den Main getrennten gemeinsamen Verbund. Folglich unterschied man deshalb seit dem Spätmittelalter die beiden Dörfer. Die Benennung „Clein Awheim“ ist ab 1532 üblich.
Ausschnitt der Karte „Riss über die Bieger Mark, gemeinschaftlich zwischen Mainz, Hanau und Schönborn, gelegen im kurmainzischen Oberamt Steinheim
Klein-Auheim war über das gesamte Mittelalter hinweg und sogar darüber hinaus mehrfach ein Objekt von Schenkungen und Verpfändungen. Davon waren entweder einzelne Höfe im Dorf, die den Besitzer wechselten, als auch die ganze Ansiedlung betroffen. Die letzte Schenkung erfolgte 1632, während des Dreißigjährigen Krieges. Sie blieb aber nur eine kurzzeitige Episode. Einschneidender und dauerhafter hingegen war der Verkauf des Amtes Steinheim, zu dem auch das Dorf Klein-Auheim gehörte, durch die Herren von Hainhausen-Eppstein an das Kurfürstentum Mainz im Jahre 1425. Diese geistliche Landesherrschaft sollte bis 1802 andauern.
Ausschnitt der Karte „Riss über die Bieger Mark, gemeinschaftlich zwischen Mainz, Hanau und Schönborn, gelegen im kurmainzischen Oberamt Steinheim“ – nordöstlicher Teil mit Steinheim. Diese Abbildungen vermitteln einen bescheidenen Eindruck von der Beschaffenheit des Ortes vor der Katastrophe des Großen Krieges. Sie zeigen übereinstimmend eine kleinere Ansiedlung mit einer alles überragenden Kirche, die Dorflinde und den Dorfzaun, auch Etter oder Hag genannt.
Kirchliche Herrschaft war im Allgemeinen leichter zu tragen als weltliche, und die hörigen Bauern wurden in aller Regel seltener zu Frondiensten herangezogen. Nicht umsonst kursierte deshalb im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Spruch: „Unter dem Krummstab lässt sich’s gut leben.“
So lebten die Klein-Auheimer in ihrer Dorfgemeinde zumeist unbehelligt von der Obrigkeit und die Gemeindsleute, d.h. die Hofbesitzer regelten ihre Obliegenheiten weitgehend selbst. Sie wählten sich ihren Schultheißen, entschieden gemeinschaftlich über die kommunalen Angelegenheiten und leisteten zusammen die notwendigen Arbeiten in Dorf und Flur.
Die Gemeinde und die in ihrem Auftrag handelnden Funktionsträger, Schultheiß und Geschworene, kümmerten sich um die Gemeindegüter, Häuser, Schule und gemeinschaftlich-gewerbliche Einrichtungen wie das Backhaus, die Brunnen, die Schmiede und das Wirtshaus. Und die Repräsentanten der Gemeinde mussten auch – trotz „milder“ geistlicher Herrschaft – die Ansprüche der Obrigkeit und der Kirche befriedigen und ihre Anordnungen ausführen.
Im Bedarfsfalle verlangten die Mainzer Kurfürsten jedoch mehr als nur Gehorsam oder Natural- und Geldabgaben, wie die Ableistung des Wehrdienstes in der Landmiliz oder zusätzlichen Frondienst. Außerdem griffen die Landesherren zunehmend mit neuen Verordnungen und Bestimmungen in das örtliche Geschehen ein. Das 1755 erlassene Mainzer Landrecht mit zahlreichen Verfügungen und Vorschriften ist hierfür ein Beleg.
Ein ganz massiver Eingriff war die Anlegung der Fasanerie um 1700. Hierfür zog man nicht nur die Bauern zur Fronarbeit heran, sondern setzte sich auch über die Rechte der Märker der Auheimer Mark hinweg.
Dieses Gebiet, zwischen den Dörfern Froschhausen, Hainstadt, Weiskirchen, Klein-Krotzenburg und Klein-Auheim, hatten die Hofstellenbesitzer dieser Dörfer seit dem Spätmittelalter gemeinsam verwaltet, um die Nutzung der Wiesen und des Waldes zu kontrollieren und eine Überbeanspruchung zu vermeiden.
Mit der Anlage der Fasanerie schnitt der Landesherr Lothar Franz von Schönborn (1695-1729) ein großes Stück aus der Auheimer Mark heraus und setzte altes Herkommen außer Kraft, um sich entsprechend dem Zeitgeschmack des Barock eine Zucht edler Vögel anzulegen. Zwar erhielten die Bauern für ihren Verlust einen Ausgleich, doch gefragt hatte sie zuvor niemand.
Die Fasanerie erlebte danach eine wechselvolle Geschichte. Heute präsentiert sich der Wildpark „Alte Fasanerie“ mit seinen über 40 Tierarten in naturnahen Gehegen als eines der attraktivsten Ausflugsziele in Hanau.
Die Auheimer Mark hatte ungefähr 500 Jahre Bestand und wurde 1786 entsprechend der Anzahl der Hofstellenbesitzer unter den fünf Gemeinden sowie der Stadt Steinheim aufgeteilt.
Kriege und andere Katastrophen
Das nachhaltigste Ereignis, das bis zur Industrialisierung die Dorfentwicklung beeinflusst hatte, war aber der Dreißigjährige Krieg (1618-1648). Die Kriege danach, wie etwa der Österreichische Erbfolgekrieg (1740-1748) und der Siebenjährige Krieg (1756-1763), haben wiederum Not und Elend ins Dorf getragen, doch diese Konflikte erwiesen sich nicht als annähernd so gravierend wie die Auswirkungen des Großen Krieges.
Das Kurfürstentum Mainz gehörte zu den Territorien, denen während dieses Krieges am heftigsten zugesetzt wurde. Seine Besitzungen am Main waren beliebte Durchzugs-, Aufenthalts- und Plünderungsgebiete für die verschiedenen Söldnerheere. Zeitweise lagerten Truppen beider Kriegsparteien zeitgleich am Untermain.
Mehrfach breiteten sich Epidemien aus, die unter der ausgezehrten Zivilbevölkerung reiche Ernte hielten. Dazu kamen noch Plünderungen, Mord und vielerlei Schändungen. Zu Beginn des Großen Krieges lebten noch gut 200 Menschen in Klein-Auheim. Nach einem Bericht des Steinheimer Oberamtmannes Hans Georg von Ingelheim waren es im April 1638 nur noch 20 Menschen. Daraus lässt sich allerdings nicht schließen, dass mehr als 90 Prozent der Klein-Auheimer in diesem Krieg umgekommen wären. Dennoch dürften es mehr als die Hälfte der Dorfbewohner gewesen sein, die ihm zum Opfer gefallen sind. Andere hatten sich in feste Städte oder in abgelegene Gebiete geflüchtet, um ihre Haut zu retten.
In den anderen Orten des Amtes sah es ähnlich aus. Zum Wiederaufbau des Landes bedurfte es 1648 eines Anstoßes durch den Landesherrn, um die geplünderten und menschenleeren Gegenden des Erzstifts Mainz wieder zu besiedeln. Kurfürst Johann Philipp von Schönborn (1647-1673) erließ noch vor dem endgültigen Friedensschluss ein „Befehlsschreiben“, worin er Einwanderungswilligen eine Reihe von Anreizen bot. Diese Offerte zeigte bald Erfolge und so ließen sich zwischen Steinheim und Seligenstadt viele Immigranten nieder. Sie kamen insbesondere aus der Rhön, dem Eichsfeld und aus der Gegend um Lüttich, um am Main eine neue Lebensgrundlage zu finden. Und sicherlich kamen zuvor Geflüchtete nach Friedensschluss in ihre Dörfer zurück und vielleicht zog auch der eine oder andere nachgeborene Sohn aus der Umgebung oder aus einem Mittelgebirge, wo schlechtere Böden weniger Lebensqualität erwarten ließen, an den Untermain, um brachliegendes aber relativ fruchtbares Land zu bewirtschaften.
So waren bis 1681 in Klein-Auheim wieder 27 Herdstellen besetzt, darauf lebten 26 Männer, 27 Frauen, 36 Söhne und 45 Töchter, insgesamt also 134 Menschen. Das Verschwinden vieler alter Familiennamen und das Auftreten neuer ist ein deutliches Indiz dafür, dass es nach 1648 zu einer teilweisen Neubesiedlung Klein-Auheims kam. Mit den alten Familiennamen verschwand auch die Kunst des Weinanbaus, der nach 1648 nicht wiederbelebt wurde.
Zu den nicht von Menschen verursachten Katastrophen zählen die Unbilden des Wetters. Strenge und lange Winter, kühle und zu feuchte Sommer waren in der Zeit von 1550 bis 1700 („Kleine Eiszeit“) häufiger als heute und minderten den Ernteertrag. Dazu gesellte sich in ungünstigen Perioden noch Hagelschlag oder Überschwemmungen, die Ernten, Höfe und Menschen bedrohten. Nach schlimmen Überflutungen im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit trat der Main 1784 wieder mächtig über die Ufer. Das Gleiche ereignete sich 1845, 1860/61, 1876 und 1882/83, sodass Klein-Auheim mehrfach unter Wasser stand und die Verbindung nach Steinheim oft nur mittels Kähnen aufrechterhalten werden konnte.
Durch den Bau eines Schutzdamms (1887/88) und die Kanalisierung des Mains scheint die Hochwassergefahr bis heute weitgehend gebannt zu sein, wenn sich der Main auch nicht vollständig bändigen lässt. So verursachten Überschwemmungen zu Jahresbeginn 1970 in Kellern, an Sportanlagen und bei Gummi-Peter einige Schäden.
Verheerende Brände hatten den Ort über viele Generationen hinweg verschont. Jedoch sollte sorgloser kindlicher Umgang mit Feuer verbunden mit mangelhafter Aufsicht der Eltern am Nachmittag des 10. August 1887 zu folgenschwerer Vernichtung führen, der zahlreiche Gebäude des Ortes zum Opfer fielen.
Vom Bauerndorf zum Industrieort
Parallel zu den politischen Veränderungen vollzog sich auch innerhalb Klein-Auheims seit etwa der Mitte der 19. Jahrhunderts ein gravierender Wandel. Insbesondere der Fleiß und die Flexibilität der Klein-Auheimer, geboren und gefördert durch die bestehende Not aufgrund geringen (Land-)Besitzes, existierender Überbevölkerung und anhaltenden Kinderreichtums, begünstigten Klein-Auheims Aufbruch zur Industriegemeinde.
Dies geschah zunächst durch die Aufnahme von Beschäftigungsverhältnissen in Steinbrüchen, Ziegeleien und Tabakfabriken in der Umgebung oder in kleineren Unternehmen, die der Lederwarenindustrie in Offenbach oder den Edelmetall- und Edelsteinfirmen in Hanau zuarbeiteten.
Mancher Wagemutige, der für sich und seine Familie keine andere Zukunftsperspektive sah, fasste einen couragierten Entschluss: Er entschied sich für die Auswanderung nach Amerika. Trotzdem wuchs die Einwohnerzahl Klein-Auheim ständig an: zwischen 1834 und 1925 stieg sie um mehr als das Viereinhalbfache (455 %).
Blick in die Reifenproduktionshalle von Gummi-Peter um 1935
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wandelte Klein-Auheim allmählich sein Antlitz. Begünstigt durch den Eisenbahnanschluss ließen sich die ersten Manufakturen hier nieder. Und 1906 folgte mit der Gründung der „Hessischen Gummiwarenfabrik Fritz Peter“ Klein-Auheims Aufbruch zum Industrieort.
Neben „der Gummi“ sind noch zwei weitere traditionsreichen Unternehmen zu nennen, die stellvertretend für den Aufstieg Klein-Auheims vom Bauern- und Tagelöhnerdorf zu einem bedeutenden Industrieort im Rhein-Main-Gebiet stehen: die „Fahrrad- und Metallwerke L. Bauer & Co.“ und die „Druckerei Gebrüder Illert“.
Trotz ihrer Tätigkeit als Industriearbeiter/innen blieb die Identität vieler Klein-Auheimer zweigeteilt, da sie sich nach Feierabend noch als Kleinlandwirt betätigten, während die Ehefrau das Vieh im Stall versorgte.
Nach Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg, der 267 Klein-Auheimer Soldaten, 22 Klein-Auheimer Juden und einem im KZ Dachau inhaftierten Kommunisten das Leben kostete, partizipierte der Industrieort kräftig am „Wirtschaftswunder“. Im Jahre 1957 beschäftigten die örtlichen Industrie- und Gewerbebetriebe 2481 Arbeitnehmer aus 91 Gemeinden! 1962 waren es bereits über 2700 in 113 Firmen, davon kamen über 1500 Menschen von außerhalb, um sich in Klein-Auheim ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
In wirtschaftlicher Hinsicht entsprach Klein-Auheim damals noch dem Typus einer Gemeinde mit der Doppelfunktion als Industriestandort und Arbeiterwohnsitzgemeinde. Doch bereits sechs Jahre vor der Eingemeindung nach Hanau läutete 1968 der Niedergang der traditionsreichen Bauer-Werke das Ende des Industrieortes Klein-Auheim ein. Mit der Schließung der Gummi-Werke (1994) und der Graphischen Betriebe Illert (1999) fand dieser Prozess seinen vorläufigen Abschluss.
Seither erlebt Klein-Auheim seine dritte Häutung. Nach der teilweisen Neubesiedlung des Ortes infolge des Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert und der Wandlung vom Bauerndorf zum Industrieort vor rund 100 Jahren folgte in den letzten Jahrzehnten Klein-Auheims Metamorphose zu einer Arbeitnehmerwohnsitzgemeinde ergänzt durch Kleingewerbe und Dienstleistungsbetriebe.
Am deutlichsten wird dieser Wandlungsprozess der Gemeinde, wenn man sich die wechselnde Nutzung der Grundstücke ansieht, auf denen einstmals Arbeiter in Fabriken Erzeugnisse herstellten, die weltweit ihre Käufer fanden. Nach der Gründung des Ortes dienten diese Flächen vielen Generationen von Bauernfamilien als Ackerland, Wiesen oder Hofreiten, danach standen hier mit der Drahtfabrik, den Gummi-Werken, der Druckerei Illert, den Bauer-Werken oder anderen Firmen ehedem weithin bekannte Unternehmen, die begehrte Produkte herstellten. Heute erheben sich an gleicher Stelle Einkaufsmärkte oder Wohnanlagen für Arbeitnehmer, die zumeist von Klein-Auheim aus zu ihren Arbeitsplätzen in anderen Orten pendeln. Lediglich ein Teil des ehemaligen Illertschen Werksgeländes dient heute noch als Druckerei.
Einen umfassenden Einblick in die Geschichte Klein-Auheims vermittelt die anlässlich des Jubiläums erschienene neue Ortschronik von Klein-Auheim: Die Einwohner daselben arbeiten sehr fleißig
Der Autor Erhard Bus hat auf 536 Seiten die Geschichte von Klein-Auheim detailliert beschrieben.
Aus Urkunden und Gemeindeprotokollen sind folgende Gemeindevorstände überliefert:
Ortsvorsteher/in von Klein-Auheim (seit 1974)
Bürgermeister von Klein-Auheim
Alois Roth (1913-1934) ist der erste Bürgermeister, von dem ein Porträt bekannt ist.
Im Dritten Reich setzte das NS-Regime Walter Nieschalk (1934-1940) und Johann Kemmerer (1940-1945) ein.
Nach der Befreiung durch die US-Army wurde Josef Alois Winter am 26. März 1945 zum kommissarischen Bürgermeister berufen und am 20. März 1946 durch freie Wahlen bis 1954 bestätigt. Ihm folgten Paul Bareiter (1954-1960) und Willi Rehbein (1960-1974), als letzter Bürgermeister von Klein-Auheim.
Ortsvorsteher/in von Klein-Auheim (seit 1974)
Im Zuge der Hessischen Gebiets- und Verwaltungsreform wurde Klein-Auheim zum 1. Juli 1974 nach Hanau eingemeindet. Seitdem existieren Ortsbeiräte unter Vorsitz des Ortsvorstehers / der Ortsvorsteherin:
- Nikolaus Bauer 1705-1756
- Joh. Friedrich Bauer 1756-1776
- Melchior Bauer 1776-1807
- Franz Winter 1807-1814
- Peter Sattler 1814-1822
- Peter Eckrich 1822-1836
- Andreas Winter II. 1836-1844
- Andreas Winter III. 1845-1850
- Kaspar Eckrich 1851-1859
- Joh. Georg Bauer II. 1859-1881
- Kemmerer 1881-1883
- Jacob Bauer III. 1883-1885
- Franz Leonhard Winter 1886-1898
- Adam Maier II. 1898-1912
Ortsvorsteher/in von Klein-Auheim (seit 1974)
Bürgermeister von Klein-Auheim
Alois Roth (1913-1934) ist der erste Bürgermeister, von dem ein Porträt bekannt ist.
Im Dritten Reich setzte das NS-Regime Walter Nieschalk (1934-1940) und Johann Kemmerer (1940-1945) ein.
Nach der Befreiung durch die US-Army wurde Josef Alois Winter am 26. März 1945 zum kommissarischen Bürgermeister berufen und am 20. März 1946 durch freie Wahlen bis 1954 bestätigt. Ihm folgten Paul Bareiter (1954-1960) und Willi Rehbein (1960-1974), als letzter Bürgermeister von Klein-Auheim.
Ortsvorsteher/in von Klein-Auheim (seit 1974)
Im Zuge der Hessischen Gebiets- und Verwaltungsreform wurde Klein-Auheim zum 1. Juli 1974 nach Hanau eingemeindet. Seitdem existieren Ortsbeiräte unter Vorsitz des Ortsvorstehers / der Ortsvorsteherin:
- Wilhelm Kemmerer 1974-1981
- Wilhelm Eckrich 1981-1989
- Gisbert Schließmann 1989-1997
- Ingrid Ehmes 1997-2001
- Hubert Ball 2001-2006
- Erich-Klaus Kirchner 2006-2011
- Sascha Feldes seit 2011