Ukrainehilfe

Große Unterstützung für die Menschen aus der Ukraine
Mehr als 117.000 Euro Spenden in Hanau


Vor etwas mehr als einem Jahr begann der Krieg in der Ukraine und damit auch der Zustrom der ukrainischen Geflüchteten nach Europa. Auch Hanau hatte – genauso wie die anderen Städte und Kommunen in ganz Deutschland – einen großen Andrang an Menschen zu verzeichnen, die durch die Bombenangriffe der russischen Aggressoren gezwungen wurden, ihre Heimat, ihre Häuser und Wohnungen zu verlassen, sich in Sicherheit zu bringen und ins Ausland zu fliehen.
Die Stadt Hanau richte eine Koordinationsstelle „Ukraine Hilfe“ ein und organisierte Notunterkünfte in Hotels, Sporthallen und Privatwohnungen für die Schutzsuchenden und eröffnete gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz in Hanau eine Sammelstelle für Sachspenden am Hauptbahnhof sowie ein Spendenkonto bei der Sparkasse Hanau um dringliche Bedarfe abzudecken. Auch beteiligte sie sich am Willkommens- und Beratungszentrum Orianka am Hauptbahnhof gemeinsam mit dem Main-Kinzig-Kreis und weiteren Partnern.
Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Vereine, Organisationen und Schulgemeinden spendeten großzügig und es kamen insgesamt 117.116 Euro zusammen. „Von der Spendenbereitschaft der Hanauerinnen und Hanauer waren wir alle überwältigt. Das war und ist eine tolle Unterstützung für die Menschen aus der Ukraine. Es ist großartig, dass sich Menschen und auch Unternehmen aus Hanau hier so solidarisch gezeigt und gespendet haben und es zum Teil auch noch tun“, lobt Oberbürgermeister Claus Kaminsky.
„Die Initiativen und die Fantasie der Spenderinnen und Spender, haben uns schwer beeindruckt“, berichten auch Uwe Niemeyer, Sven Holzschuh und Alessandra Zeidler von der Koordinationsstelle Ukraine-Hilfe: „Wir wurden zu Vereinsfesten eingeladen, die extra für Spendeneinnahmen veranstaltet wurden. Auch Schulgemeinden haben Sportevents ausgerichtet und die eingenommenen Gelder an die Ukraine-Hilfe gegeben. Auch viele Einzelspenden waren sehr berührend: So haben beispielsweise zahlreiche Kinder den Inhalt ihrer Spardosen für die Ukraine-Hilfe gegeben.“
Ganz besonders hebt Kaminsky auch die Unternehmen Umicore, Evonik und Ikea hervor: „Umicore hat alleine 5.880 Euro für die Anschaffung von Sprachlehrbüchern für Kinder gespendet. Evonik Industries hat 6.400 Euro gespendet, der in einen speziellen Deutschkurs mit organisierter Kinderbetreuung geflossen ist“ zählt der OB auf. „Auch das Unternehmen Ikea in Hanau ist uns bis zum heutigen Tage eine treue und verlässliche Stütze und immer sofort mit Sachspenden zur Stelle, wenn die Geflüchteten aus der Ukraine Möbel und andere Utensilien für die Einrichtung ihrer Unterkünfte benötigen“, berichtet Kaminsky erfreut.
Die Koordinationsstelle Ukraine-Hilfe der Stadt Hanau trägt dafür Sorge, dass die eingehenden Geld- und Sachspenden zweckgebunden und sachgerecht verwendet werden. Zudem berichtet sie dem Magistrat der Stadt Hanau regelmäßig über ihre Aktionen und Ausgaben. Von den Spendengeldern wurden ausschließlich Projekte gefördert, zu denen es keine staatliche Förderung gab. Sie wären daher ohne die Spenden nicht durchführbar gewesen.
Wie die Spendengelder verwendet werden
Evonikspende für Sprachkurs

Von den gespendeten Geldern wurden inzwischen rund 105.000 Euro ausgegeben. Die größte Summe, rund 50.000 Euro, erhielt davon die Volkhochschule Hanau für Sprachkurse und Brückenkurse, die sie für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine einrichteten (ausführlicher Bericht siehe Info-Box). Rund 26.500 Euro wurden für einen Spielplatz auf dem Gelände der Flüchtlingsunterkunft Sportsfield ausgegeben.

Auf Sportsfield wächst die Zahl der Geflüchteten aus allen Ländern und Kulturkreisen. Vor einem Jahr rund 800 Menschen – jetzt entwickelt sich die Zahl in Richtung 2.000. Damit wächst auch die Anzahl der Kinder, die auf dem Gelände spielen.

Einige Spielgeräte waren bereits vorhanden, mussten aber teilweise ersetzt werden. Neu hinzu kamen Schaukeln, Wipptiere, eine Rutsche, eine Wippe. Erneuert werden mussten auch die Fallflächen und Umrandungen. Ein vorhandenes und 2016 gestiftetes Großspielgerät wurde zudem instandgesetzt. Im südlichen Bereich von Sportsfield wird das Gelände von einem Grüngürtel umrahmt, es ist ein Treffpunkt für Familien und die Kinder aus allen Nationen entstanden. Hier ist ein Schwerpunkt der Aufstellung der Spielgeräte. In Zukunft soll noch ein Grillplatz entstehen.
Das Projekt „Spielend Ankommen“ erhielt 7.064 Euro aus dem Spendenfond. Für viele Frauen aus der Ukraine ist es entscheidend, dass es eine Betreuung für ihre Kinder gibt. Nur dann können sie Deutschkurse besuchen, Behördengänge erledigen oder eine Arbeit aufnehmen. Die Plätze in Kitas reichen leider nicht aus, um die Flüchtlingskinder aufzunehmen. Deshalb wurde vom Eigenbetrieb Kindertagesstätten das Projekt „Spielend Ankommen“ konzipiert. Durch Presse und soziale Medien wurden Aufrufe zum Mitmachen gestreut. 20 Ehrenamtliche meldeten sich und wurden in zwei Schulungsprogrammen mit Grundzügen der Betreuung und Pädagogik vertraut gemacht. Räume für die Schulungen wurden von der Kathinka-Platzhoff-Stiftung zur Verfügung gestellt. Alle Helferinnen und Helfer wurden mit Taschen mit Spiel- und Bastelmaterial ausgestattet und überwiegend auf Sportsfield eingesetzt.
Für 5.880 Euro – einer Spende von Umicore – wurden Kinderlernbücher angeschafft, die auf spielerische Art und Weise Deutsch und Englisch vermittelen. Eine Autorin und Grafikerin aus Kahl, Theresa Meixner, hatte die Lernbücher selbst illustriert und kreiert. Ihre Bücher haben deutschlandweit für Furore gesorgt, weil auch Grundschulen keine vergleichbaren Materialien hatten. Meixner spendete einen Teil der Bücher an die Ukraine-Hilfe. Die Buch-Ausgabe Nr. 2 konnte durch die Umicore-Spende ermöglicht werden. Diese Lernbücher haben den Kindern in der Halle in Mittelbuchen, im Beratungszentrum Orianka am Hauptbahnhof und in der Spendenhalle viel Freude bereitet. Die Bücher wurden den Grundschulen und Kindertagesstätten im Stadtgebiet zur Verfügung gestellt. Restbestände sind noch vorhanden.

In den ersten zwei bis vier Monaten war es wichtig, auch Lebensmittel für die nach Hanau kommenden Menschen aus der Ukraine zu organisieren. Deshalb wurden für dringend benötigte Lebensmittel und Hygieneartikel 5.000 Euro ausgegeben. Es war die Zeit, in der Grundnahrungsmittel wie Mehl, Zucker und Speiseöl kaum erhältlich waren. Auch Hygieneartikel – wie beispielsweise Windeln – wurden dringend benötigt. Um insbesondere die ankommenden Frauen zu unterstützen und die Not zu lindern, wurden rationierte Mengen dieser Artikel in der Spendenhalle ausgegeben.

2.706 Euro flossen in Spielzimmer für traumatisierte Flüchtlingskinder in den Hotels, in denen sie anfangs untergebracht wurden. Die angeschafften Spielsachen wurden dann später in das Versorgungszelt der Flüchtlingsunterkunft Sportsfield II gebracht und dort weiterhin genutzt. Bis etwa Juni wurden rund 600 Flüchtlinge in Hanauer Hotels untergebracht. In einigen Hotels konnten leere Zimmer genutzt werden, um Spielzimmer einzurichten. Die Bevölkerung hatte bereits Spielzeug gespendet. Dieses wurden durch Zukäufe ergänzt. Die Spielzimmer wurden auch zu einem Treffpunkt der geflüchteten Familien mit den ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürgern vor Ort. Nach den Umzügen aus den Hotels in Wohnungen auf Sportsfield wurde der Umzug der Spielzimmer organisiert. In dem großen Speiseversorgungszelt wurde daraus eine große Spielecke etabliert. Dieses Zelt und die Spielecke waren und sind der beliebte und wichtige Treffpunkt der neu angekommenen Menschen.

3.330 Euro wurden ausgegeben für ein Osterfest in der Notunterkunft in Mittelbuchen. Bereits im März/April 2022 wurde die Halle in Mittelbuchen als Notunterkunft genutzt. Mitte April wurde dort ein Osterfest – insbesondere für die Kinder – ausgerichtet. Dieses Fest sollte den Kindern und Familien das Ankommen erleichtern und hatte den Zweck, dass Anwohnerinnen und Anwohner, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mit den Geflüchteten in Kontakt kommen und sich begegnen. Das Fest war für alle Beteiligten ein großer Erfolg: Es gab ein Kuchenbuffet, Essen und Trinken, Hüpfburgen und zahlreiche Kinderspielaktivitäten.
Trauma- und Krisenbewältigung ist in der Flüchtlingsarbeit ein wichtiges Thema. Für 2.500 Euro wurde hierzu ein Workshop für ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerinnen und -betreuer veranstaltet. Viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer treffen auf geflüchtete Menschen und lernen – oft nach und nach – deren Schicksale und die Fluchtgründe besser kennen. Es sind oft schreckliche Erlebnisse, die dann diese Helferinnen und Helfer mitverarbeiten müssen. Für diese ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist unter Federführung der Volkshochschule Hanau (VHS) der Workshop „Trauma und Krise“ konzipiert worden. Es ist wichtig sich auch um die Helferinnen und Helfer zu kümmern und sie nicht allein zu lassen und eine Überforderung zu verhindern. Bei starker Nachfrage ist eine Wiederholung des Workshops vorgesehen.
Ein Zuschuss von insgesamt 1.500 Euro wurde für drei Feriencamps für ukrainische Kinder ausgegeben. In Hanau gibt es seit einigen Jahren bereits den Verein Planeta e.V.  Er besteht aus Menschen, die russische-ukrainische Wurzeln haben. Unter anderem organisiert der Verein Nachhilfe und Hausaufgabenhilfe für ukrainische, russische und deutsche Kinder und Jugendliche. In einem eigenen Theaterraum wird Theater gespielt, gebastelt, gesungen und vieles mehr. In den Sommer- und Herbstferien wurden Feriencamps ausgerichtet und auch geflüchtete ukrainische Kinder mitgenommen. Organisiert wurden Schwimmbadbesuche, Übernachtungen, Bustouren, Spaß und Spiel.
Für Einsätze des Spielmobils Augustinchen wurden rund 2.500 Euro ausgegeben. „Insgesamt acht Einsätze absolvierte das Spielmobil in den grauen Tagen im November und Dezember auf Sportsfield. Jedes Mal, wenn das Team mit dem Spielmobil anrückte und begann, die Spielsachen, Sportgeräte und Bastelsachen auszubreiten, kam bei den Kindern große Freude auf und sie eilten alle herbei. Das wäre ohne die Spendengelder nicht möglich gewesen.
Weitere kleinere Beträge wurden für kleine Weihnachtsfeiern – jeweils mit Geschenken für die Kinder – ausgegeben, sowie für mehrere Projekte des Kreativ Club Art 13 - darunter Kreativ- und Mal-Workshops. Mit kleineren Beträgen wurden zudem Familien in einer akuten Notsituation mit Windeln und Hygieneartikeln unterstützt.

Leider neigt sich das Geld auf dem Spendenkonto dem Ende zu und neue Spenden werden – unter anderem für Deutschkurse für neue angekommen Flüchtlinge – benötigt.
„Wir hoffen, dass die Bürgerinnen und Bürger noch einmal ihr Herz und ihren Geldbeutel öffnen, um zu spenden und diese Dinge zu ermöglichen. Denn auch ein Jahr nach Kriegsbeginn ist leider kein Ende des Krieges in Sicht und wir wollen die Menschen, die bei uns leben und auch weiterhin zu uns kommen, so gut wie möglich unterbringen und in unsere Gesellschaft integrieren“, so OB Kaminsky.
 
Spenden bitte unter dem Motto "Hanau hilft der Ukraine" an die Sparkasse Hanau die IBAN-Nummer DE 59 5065 0023 0000 0990 02.
 
Sprach- und Brückenkurse der VHS Hanau
Um den Integrationsprozess von geflüchteten Menschen frühzeitig zu unterstützen, wurde bereits im Jahr 2015 die Sprachenkoordination an der VHS Hanau eingerichtet. Die Sprachenkoordination umfasst die Planung, Koordination und Durchführung von Bildungsangeboten, insbesondere die niedrigschwellige Deutschsprachförderung und Alphabetisierung, sowie die Beratung von Geflüchteten. Eine Beratungsstelle und auch die Sprachangebote sind in der Gemeinschaftsunterkunft Sportsfield verortet.
Durch den Krieg in der Ukraine und der damit verbundenen Aufnahme von rund 1000 ukrainischen Menschen in Hanau im Februar 2022 wurde dieser Bereich auf eine harte Probe gestellt. Das Volumen der Sprachförder- und Beratungsangebote musste rasch ausgebaut werden und rund 80 verschiedene Kurse wurden im Verlauf des Jahres eingerichtet. Die Finanzierung der Kurse erfolgte aus Landesmitteln (Deutsch4You), Bundesmitteln (Erstorientierungskurse), Spenden (Ukraine-Hilfe) und kommunalen Mitteln. Zusätzlich wurde in der Innenstadt im Kulturforum Hanau ein Beratungsangebot eingerichtet.
„Es ist zu erwarten, dass im Jahr 2023 die hohe Zahl der in Hanau untergebrachten Geflüchteten auf hohem Niveau bestehen bleibt. Die bisher für Sprachförderung veranschlagte finanzielle und personelle Ressource reicht nicht aus, um den Sprachförderbedarf zu decken“, berichtet Bürgermeister Weiss-Thiel. Darüber hinaus sei absehbar, dass das Finanzvolumen für das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanzierte Sprachangebote EOK (Erstorientierungskurse) nicht ausreicht und ab Juni 2023 keine Erstorientierungskurse mehr durchgeführt werden können. Es drohe daher eine Unterversorgung der Geflüchteten mit niedrigschwelligen Sprachkursangeboten.

„Die Angebote in der Gemeinschaftsunterkunft Sportsfield sind ebenfalls gut besucht“, erzählt Elke Hohmann, Leiterin der Hanauer VHS: „Neben den Deutschkursen für Erwachsene finden zudem zwei Alphabetisierungskurse statt, ein Sprachcafé mit Kinderbetreuung, ein Computerkurs für Kinder und Hausaufgabenbetreuung für Kinder.“ In diesem Jahr sei ein Computerkurs für Frauen in Planung, dessen Finanzierung jedoch noch gesichert werden müsse.
Über die Finanzierung hinaus, gibt es weitere strukturelle Probleme: Zum einen ist die Kapazität der vorhandenen Unterrichtsräume begrenzt. „Die Bildungsstiftung Heraeus beispielsweise ermöglichte von Juni bis November 2022 einen Erstorientierungskurs mit 20 ukrainischen Frauen in ihren Räumlichkeiten. Auch werden Kurse im Kulturforum abgehalten und im Bürgerhaus Großauheim“, erzählt Hohmann. Seit dem Wegfall des 9-Euro-Tickets sei bezahlbarer Nahverkehr zudem ein weiteres Problem: „Menschen, die aus dem Umland zu uns kommen wollen, um Deutsch zu lernen, können es sich zumeist nicht leisten“, weiß Hohmann. Und auch für in Hanau wohnende Menschen stelle der Preis der Monatskarte eine Herausforderung dar. „Dies gilt besonders für ältere Menschen aus der Ukraine und für Frauen mit kleinen Kindern.“ Ein drittes Problem sei die Versorgung von Frauen mit kleinen Kindern: „Durch eine Spende der Evonik Bildungsstiftung wurde 2022 erstmals ein Sprachkurs für Frauen mit Kinderbetreuung ermöglicht. Dieses Angebot müsste dringend ausgebaut werden, um Frauen mit kleinen Kindern eine faire Chance zu geben, die Sprache zu erwerben und ins Berufsleben einsteigen zu können“, erläutert die VHS-Leiterin.